Marco Kesseler
Harvest
Über die Felder des Wye-Tals und die Ausläufer der Malverns verstreut, unterteilen dichte Alleen von Obstbäumen und Hopfenstöcken die goldgelben Weizenfelder, die auf den Ackerboden gesät wurden. Anderswo wandert die Sonne über Schwaden aus durchsichtigem Plastik; im Inneren erstrecken sich Reihen von Blaubeeren, Himbeeren und Erdbeeren, so weit das Auge reicht. Wellen von Geräuschen prallen an den Polytunneln ab: undeutliche Stimmen, die blecherne Akustik von Balkanmusik aus einem Telefon, das Rascheln von Blättern und gestapelten Kisten. Teams von Menschen eilen zwischen Pflanzen und Lastwagen hin und her und pflücken, während sie gehen. Oberflächlich betrachtet erscheinen die Erntemonate in den ländlichen West Midlands üppig und fast zeitlos, der Inbegriff der ländlichen Idylle.
In den letzten Jahren hat der Brexit jedoch viele Unsicherheiten in der Agrarindustrie hervorgerufen und die unangenehme Beziehung zwischen der Abhängigkeit der Nation von Saisonarbeiter*innen und dem wachsenden englischen Nationalismus offenbart, der sich oft auf die Nostalgie des englischen Hirtenlebens beruft, die aber wenig Ähnlichkeit mit dem modernen Leben hat. Angesichts der Tatsache, dass 99% der Saisonarbeiter*innen in Großbritannien aus Europa kommen, möchte dieses Projekt einige der Menschen feiern, die eine wichtige Industrie aufrechterhalten.
Marco Kesselers Interesse liegt in der Rolle der Erzählung als Bezugspunkt bei der Darstellung zeitgenössischer sozialer Themen. Er arbeitet zwischen redaktionellen Aufträgen und langfristigen Projekten, wobei er großen Wert darauf legt, in den Ort und die Menschen einzutauchen, die er fotografiert, und über einen längeren Zeitraum mit Gemeinschaften zu arbeiten.